Schon von weitem hört man das festliche Treiben über den Dächern von Backnang. Es ist selten, dass alle Bewohnerinnen Bewohner der „Alten Post“ samt all ihren Betreuerinnen und Betreuern gleichzeitig auf der Dachterrasse versammelt sind. Heute ist auch nicht irgendein Tag, nein, heute werden „10 Jahre Alte Post“ in Backnang gefeiert.
Neben viel Sonnenschein gibt’s Kaffee, Kuchen, kühle Getränke und natürlich auch frisch Gegrilltes. Zu Gast sind u.a. auch die beiden Vorstände und Bereichsgeschäftsführerin Nadine Schüler sowie Abteilungsleiter Stephan Kaufmann und natürlich gaaaanz viele Angehörige unserer „Alte-Post-Gang“. Es ist zu spüren, dass dies eine eingeschworene und ganz besondere Wohngruppe ist – viele der Menschen mit Behinderungen haben vor dem Einzug bereits im Haus Plattenwald zusammengelebt. In 10 Jahren Alte Post gab es nur wenige Klienten-Wechsel – genauer: Sechs Neuaufnahmen, weil Bewohner*innen verstorben und dadurch Wohnplätze frei geworden sind.
Insgesamt leben im Wohnzentrum 21 erwachsene Menschen mit Behinderung. Diese werden von 28 Mitarbeitenden (größtenteils Teilzeitkräfte) betreut und unterstützt. Dazu kommt im Untergeschoss des Gebäudes „Dr‘ Treff“, der mit seinem Bistro und vielen offenen Angeboten für viele inklusive Begegnungen im Großraum Backnang sorgt.
Wie vor 10 Jahre alles begann, das zeigt ein Ausschnitt aus der Pressemitteilung von Matthias Knödler vom Frühjahr 2015:
„Gerade bebt es ab und zu so sehr, dass der Tisch wackelt“, erzählt Heidi im großen Esszimmer der „Alten Post“ in Backnang. Sie wohnt seit Anfang März mit 18 weiteren Bewohnern im neuen Wohn- und Begegnungszentrum der Paulinenpflege fast mitten in Backnang. Das Beben zeigt, dass in dem großen Haus noch nicht alles perfekt fertig ist und an einigen Ecken weiterhin gebaut und gewerkelt wird. Dennoch sind die Bewohner, die bisher im Wohnheim am Plattenwald gelebt haben, stolz auf ihre neue Heimat. Edmund, Harald und Katja stehen begeistert auf der großen Dachterrasse mit Blick über Backnang: „Die Aussicht ist so schön und wenn das Wetter passt, werden wir die Terrasse bald mit einem Grill einweihen“, erzählen sie.
Lange hat das ehemalige Postareal in der Backnanger Bahnhofstraße vor sich hingeschlummert. Im Jahr 2000 zog dort die Post in Richtung Biegel aus – seitdem wurde überlegt, was mit dem Gebäudekomplex passiert. Ende 2010 hat die Paulinenpflege Winnenden das Hauptgebäude in der Bahnhofstr. 8 gekauft. Die diakonische Einrichtung war damals auf der Suche nach einer neuen Bleibe für ihre Menschen mit Behinderung aus dem ins Alter gekommene Wohnheim am Plattenwald. Das Gebäude am Stadtrand von Backnang entsprach nicht mehr den neuen Vorschriften der Landesheimbauverordnung.
Geplant wurde nun nicht nur ein Ersatz für die Wohngruppe im Haus Plattenwald, sondern ein inklusives Wohn- und Begegnungszentrum mit Wohnungen, stationären Wohnplätzen, Freizeit- und Bildungsbereich für Menschen mit Behinderung sowie Räumen für die Lebenshilfe Rems-Murr e.V. Baubeginn war im Sommer 2013. Auch der Seniorentreff für Menschen mit Behinderung, die in Rente sind, hat Räume in der neuen „Alten Post“ der Paulinenpflege. Insgesamt hat das Gebäude eine Nutzfläche von 1.574 Quadratmeter auf fünf Stockwerken verteilt.
Nach einem aufregenden Umzug, der schon lange vorbereitet wurde, haben sich die meisten Bewohner gut eingelebt. Sie genießen den neuen Wohnkomfort. Neu ist zum Beispiel, dass es größere Zimmer gibt als im Wohnheim am Plattenwald, außerdem teilen sich jetzt nur noch zwei Zimmer eine Nasszelle. Um bei den Bewohnern auch das selbständigere Wohnen noch besser fördern und ermöglichen zu können, gibt es vier eigenständige Appartements innerhalb des Wohnbereichs in der Bahnhofstr. 8. Dadurch, dass die Bewohner nun auf verschiedene Stockwerke verteilt sind, kann das Wohnen individueller gestaltet werden.
Aber nicht nur das Wohnen ist verbessert worden: Bewohner Dieter freut sich zum Beispiel, dass er nun nicht mehr mit dem Bus in die Stadt fahren muss, sondern zu Fuß zum Wochenmarkt in die Backnanger Fußgängerzone kommt. Dorothea ist begeisterte Cafebesucherin – der Weg zu „ihrem“ Cappuccino ist nun auch nicht mehr so weit wie früher.