„Hussein, mein Freund, schön, dass Du uns besuchst“, mit solchen Sätzen und zahlreichen Umarmungen wird der 48jährige Koch Hussein H. in der Tagesgruppe im Haus Plattenwald der Paulinenpflege begrüßt. Er hat hier vor kurzem ein dreiwöchiges berufliches Praktikum im Rahmen seines Aufenthalts in der MEDIAN Klinik Wilhelmsheim absolviert. „Wir sind dankbar, dass wir schon seit rund 20 Jahren die Möglichkeit bekommen, unsere Patienten zur Berufsorientierung für zwei bis drei Wochen in die Paulinenpflege zu vermitteln“, sagt Sozialpädagogin Ilona Plag von der Klinik-Sozialberatung. Neben dem Wohnangebot im Haus Plattenwald, das früher in direkter Nachbarschaft des Wilhelmsheims auf der Burg Reichenberg war, sind auch regelmäßig Praktikanten u.a. in den „Backnanger Werkstätten“, dem Berufsbildungswerk Winnenden oder auch in der Zentralküche der Paulinenpflege.
Oft sind es Köche, die aufgrund ihrer Suchtproblematik nicht mehr in ihren Beruf zurückkehren können, die über das Haus Plattenwald in den Sozialbereich reinschnuppern. So auch Hussein H., dessen Leben nach zahlreichen Schicksalsschlägen wie Trennung, Todesfall sowie auch aufgrund von Überlastung im Job aus den Fugen geraten ist. „Ich hatte Panikattacken, Angstzustände, Depressionen – und auch Probleme mit dem Alkohol. Zuletzt habe ich sogar an Suizid gedacht“, erzählt Hussein H., der ursprünglich aus Hessen kommt. In seiner Karriere als Koch war er u.a. Küchenchef in einem Restaurant, Privatkoch und in einem Cateringservice tätig. „Ich habe schon für Bundeskanzler Schröder mitgekocht“, erzählt er.
In der MEDIAN Klinik für Suchtrehabilitation bei Oppenweiler hat er nun vieles in Therapieangeboten aufgearbeitet und kann wieder optimistischer in die Zukunft schauen: „Die Wunden sind am Heilen. Früher war ich ein Einzelkämpfer. In der Klinik habe ich gelernt, Hilfe anzunehmen. Für mich scheint jetzt wieder die Sonne, vorher war ich nur noch in einem schwarzen Loch“. Zur neuen Sichtweise hat sicherlich auch das Praktikum im Haus Plattenwald beigetragen: „So viel Herzlichkeit und Wertschätzung wie von den Mitarbeitenden und Klienten ist mir selten begegnet. Das Praktikum hat mir gutgetan und ich kann mir gut vorstellen zukünftig in einem solchen Bereich zu arbeiten“, freut sich Hussein H.
Daher hat er in der Klinik auch einen Antrag gestellt, dass er das Praktikum auf drei Wochen verlängern darf. Und das hat wiederum Klienten wie auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Haus Plattenwald gefreut: „Wir haben mit Hussein nur gute Erfahrungen gemacht. Natürlich waren seine Kochkünste besonders beliebt bei unseren Klienten. Aber auch seine motivierte und freundliche Art hat alle angesteckt. Unter seiner Anleitung wurde noch begeisterter gekocht als sonst. Alle waren sehr offen gegenüber ihm“, berichtet Oliver Knell, der im Haus Plattenwald Ansprechperson für die Praktikanten ist. In der Tagesgruppe werden elf Klientinnen und Klienten mit psychischer Beeinträchtigung, die größtenteils auch im Haus Plattenwald der Paulinenpflege wohnen, betreut. Manche haben schon ähnliches wie Hussein H. erlebt – vielleicht auch ein Grund, warum das Praktikum so gut gepasst hat.
„Oft spielt neben den Interessen der Patienten bei der Praktikumsplatzauswahl auch mein Bauchgefühl eine Rolle. So war es bei Hussein H. auch. Es ist erfreulich, dass er hier sehr viele gute Erfahrungen gemacht hat“, sagt auch Ilona Plag von der MEDIAN Klinik, die für die Praktikumsvermittlung zuständig ist. Jetzt steht für den Koch noch ein zwölfwöchiger Besuch einer sogenannten Adaptionseinrichtung an, um nach einem Arbeitsplatz und einer Wohnung für Hussein H. zu suchen. „Leider kommt Hussein aus Hessen, sonst hätte er vielleicht tatsächlich in die Betreuungsarbeit in der Paulinenpflege einsteigen können“, sagt Oliver Knell. „Das hätte schon gepasst. Eine Tätigkeit im Sozialbereich, in dem Kochen weiterhin eine Rolle spielt, wäre mein Ding“, sagt Hussein H. Dabei leuchten seine Augen begeistert – denn auch wenn er in diesem Beruf nicht mehr arbeiten kann – Koch mit ganz viel Leidenschaft wird er ein Leben lang bleiben.
Daher hat er vom Haus Plattenwald zum Abschied und als Praktikumserinnerung auch einen goldenen Kochlöffel bekommen. Und im Haus Plattenwald wird man sich garantiert noch lange an sein Rote-Beete-Carpaccio, seine Gemüsefrikadellen sowie seine ausgeklügelten Kochtechniken und vor allem an sein Strahlen übers ganze Gesicht erinnern.
















