Dass Rektor Gottfried Götz in einer seiner Schulklassen sitzt bzw. steht, ist für die Bodenwaldschüler Alltag. Aber dass er einen Gast mitbringt, kommt nicht jeden Tag vor. Und so ist die 5. Klasse von Lehrerin Olga Liebentritt ziemlich überrascht, als er mit einer jungen Dame vor dem Klassenzimmer steht. Die Klasse bespricht gerade den Wochenrückblick und hier steht das „Ampel aus“ ganz oben auf der Liste. Da ist total passend, dass es sich beim Überraschungsgast, um eine Politikerin aus dem Landtag Baden-Württemberg handelt: Swantje Sperling. Sie hat es sich nicht nehmen lassen am „Tag der freien Schulen“ eine jener Schulen zu besuchen.
Die Grünen-Politikerin beteiligt sich nicht nur an der Diskussion zum „Ampel aus“, sondern beantwortet auch die Fragen der interessierten Schüler. „Ihr seid meine Chefs. Sehr cool wie Ihr Euch vorbereitet habt“, freut sie sich über das rege Interesse. Und so berichtet sie über ihre Aufgaben und ihren Schwerpunkt „Kommunalpolitik“. Sie habe sich z.B. dafür eingesetzt, dass bei den Kommunalwahlen schon Jugendliche ab 16 Jahren gewählt werden können. Auch, dass Obdachlose, also Menschen ohne Wohnsitz, einfacher wählen können, ist eines ihrer großen Anliegen. Auf die Frage nach ihrem beeindruckensten Politik-Erlebnis sagt sie: „Ich durfte den Bundespräsidenten mitwählen. Das war für mich etwas ganz Besonderes“. Natürlich gibt es auch einige Insider-Geschichten, z.B. wie Ministerpräsident Kretschmann so drauf ist: „Er bruddelt manchmal ein bisschen, ist aber ein ganz Lieber“, so Swantje Sperling. „Machen sie auch Politik zum Zocken?“ fragt ein Schüler. Auch hier ist sie um keine Antwort verlegen: „Wir von der Politik sorgen dafür, dass ihr genügend Strom habt, damit ihr zocken könnt“. Und dann ist die spannende Schulstunde (leider) auch schon um. Die Politikerin verabschiedet sich von den Schülern mit einer Einladung in den Landtag: „Ich mache dann eine Führung extra für Euch.“
Im zweiten Teil des Besuchs von Swantje Sperling findet ein reger Austausch zu bildungspolitischen Themen mit Lehrkräften der Bodenwaldschule statt. Die Landtagsabgeordnete zeigt sich offen und interessiert, wo der „Schuh an der Basis der Bildungsarbeit“ in den Schulen drückt. Dabei werden Themen wie Lehrermangel und mangelhafte Planungen im Kultusministerium, Fragen zu pädagogischen Angeboten und Modellen zur Integration Geflüchteter Kinder in Schulen, zum geplanten Ganztagesanspruch und dem Verhältnis zwischen Jugendhilfe und Schule diskutiert. Vor allem aber soll der Vormittag aufzeigen, dass ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ Esent) ein Ort der Teilhabe an schulischen Leben für „Ausgeschlossene“ darstellt und somit aus Sicht der Bodenwaldschule einen unverzichtbaren Gegenpol zur von den Grünen favorisierten Inklusion darstellt.
Beeindruckt war die Politikerin, wie in der Bodenwaldschule Teilhabe und Vielfalt gelebt wird: „Es spielt für uns keine Rolle, woher die Kinder und Jugendlichen kommen. Der Moslem liest hier in der Bibel mit, genauso besichtigen wir mit allen eine Moschee“, erläutert Gottfried Götz. Und ein weiterer Lehrer bringt es auf den Punkt: „Statt der Bezeichnung Schule für Erziehungshilfe passt bei uns Schule für Beziehungshilfe viel besser.“